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Gedichte


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Vor ein paar Jahren, bei meinem letzten Umzug, ist mir eine kleine Sammlung von Gedichten wieder in die Hände gekommen, die ich als junger Mensch geschrieben hatte, ungefähr im Alter zwischen 14 und 28 Jahren. Getippt mit meiner hellgrünen Olivetti Lettera 22 auf einige gefaltete DIN A4-Blätter.
Ich habe auch später immer wieder mal Gedichte geschrieben. Oft beim Briefe- oder E-Mail-Schreiben an Freunde, gelegentlich gleich nach dem Aufwachen, wenn mir ein halb noch geträumter, halb schon gedachter Satz durch den Kopf flatterte, oder beim Faulenzen, beim Nachdenken – vielleicht auch einfach mal, um die Steuererklärung noch ein bisschen hinauszuschieben …
Nun habe ich die früheren und die späteren Gedichte in einem kleinen Büchlein versammelt und diesem einen sachlich zutreffenden Titel gegeben. Gut möglich, dass darin der Unsinn überwiegt – aber was das Mengenverhältnis angeht, habe ich mich mit diesem Titel ja auch gar nicht festgelegt.





Hier eine Auswahl:

Bis Eching vierspurig

Fragen

Frühlingsgefühle

Die Geistesblitze

Gibt es tatsächlich …?

Sauber krank

Schönes Wetter

Ts-ts …

Von Sinnen vor Liebe

Weihnachten

Wrong Tree

Zahlenlyrik







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Bis Eching vierspurig

Mancher fährt nur
auf der Überholspur,
der äußersten linken.

Blinken
nach vorn, als gemeiner Stich
in die Spiegel des Vordermanns,
ist ihm Gewohnheit:
„Mach Platz! Denn ich“,
schimpft er, „ich kann’s
noch einen Tick schneller als du!“

Er gibt keine Ruh.
Schonzeit
gewährt er nicht,
nicht zwei Sekunden.
Bevor er am einen vorbei ist,
hat sein Licht
die Spiegel des nächsten gefunden,
den er scheuchen kann, fort
in die Mitte, die wertlosen rechteren Spuren.

Nur wenn dort
zufällig mal Polizei ist,
grün-silbern, und signalisiert:
„Wir sind da, alles sehend!“,
nur dann, dann dreht sich
sein Motor vorübergehend
auf etwas geringeren Touren.
Doch sowas passiert
nur ganz selten,
und wenn, dann ganz kurz nur, versteht sich.
Gleich tritt er erneut aufs Pedal,
und mit weiterem Blinken und weiterem Schelten
vergrößert er weiter die Zahl
der von ihm souverän Überholten.

Am Abend schaut er sich dann
(wobei er keine Miene verzieht)
im Fernseh’n die Autowracks an,
die völlig zerfetzten, verkohlten
von der Massenkarambolage du jour. –
Für eine Verbindung
zwischen dem, wie er fährt, und dem, was er sieht,
fehlt ihm im Hirn die entscheidende Windung.

Ein ärgerliches Verseh’n der Natur.





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Fragen

Warum hat jedes Haus ein Dach?
Warum ist man beim Aufsteh’n wach?
Warum macht Lärm fast immer Krach?
Warum sind schwache Verben schwach?
     Wer schräge Fragen mag,
     der fragt bei Nacht und Tag.

Wieso sind manche Männer treu?
Wieso sind Raben frech und scheu?
Wieso sind Reste niemals neu?
Wieso nennt man den Löwen „Leu“?
     Wer solche Fragen hasst,
     der hat etwas verpasst.

Wozu fließt in den Adern Blut?
Wozu braucht man den Heldenmut?
Wozu dient unterdrückte Wut?
Wozu sind schräge Fragen gut?
     Wer keine Antwort gibt,
     der macht sich unbeliebt.

Worüber lacht ein Schachgenie?
Worüber forschte Frau Curie?
Worüber fährt man Wasserski?
Worüber wundert man sich nie?
     Wer keine Antwort kennt,
     der hat im Traum gepennt.







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Frühlingsgefühle

Nach des Winters relativer Kühle
spürt der Mensch erneut Frühlingsgefühle.
Das sagt sich so leichthin; doch: was heißt es?
Ist es gut? Passabel? Schlecht? Wes Geistes
Kind ist dieses unklar definierte
Wesen, das im ersten der Gevierte
eines Jahrs, im Frühling eben, ausbricht
und den Sommer, Herbst und Winter aussticht?
Die zwar auch ganz schön sind, ohne Frage,
aber: ohne eigene Seelenlage!
„Sommer-", „Herbstgefühle"? Nie vernommen!
Und „Wintergefühle"? Nein! Es kommen
solcherlei Empfindungen in keinem
Lyrikbändchen vor. Es bleibt bei einem
einzigen, bei diesem singulären
(wenn auch leider nur recht ungefähren)
jahreszeit-spezifischen Vibrieren,
das den Wintermuffelmenschen schieren
Übermut beschert, ein Hasch-mich-Feeling,
eine Lust am Woll-Klamotten-Peeling,
eine Sehnsucht nach Wellness-Oasen,
Grillgeruch und Déjeuners sur Rasen,
kurz: dem Duft der freien Frühlingsfrische,
angehaucht vom Öl-Benzin-Gemische
freudig drehender Mofa-Motoren,
die, aus Kellerräumen neu geboren,
ihre Fahrerinnen oder Fahrer
wie durch Zauberhand in wunderbarer
Leichtigkeit des Seins von hinnen tragen ...

Doch genug davon. Das war’s. – Noch Fragen?





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Die Geistesblitze

Für Karolin G.

An ihrer PC-Tastatur
sitzt Karolin und wartet,
dass eine schöne Reimfigur
in ihr Bewusstsein startet.

Sie wartet, doch das hilft ihr nicht,
die Reime bleiben fern.
Und ohne Reime: kein Gedicht!
(Wie ohne Nacht: kein Stern.)

Weit weg von ihrem wachen Geist
sieht sie Gedanken blitzen.
Doch kommen die nicht angereist,
sie bleiben einfach sitzen

und trinken einen übern Durst
mit Weib und mit Gesang;
und ihnen ist vollkommen Wurst,
dass Karolin so lang

schon an der PC-Tastatur
der Geistesblitze harrt.
Von Geistesblitzen keine Spur –
sie sitzt frustriert, genarrt.

Die Dichtkunst ist ein hartes Brot,
wenn sich die Reime zieren.
Da sitzt man hilflos da und droht
die Fassung zu verlieren.

Was machen Dichter ohne Reim
von Husum bis Arosa?
Am besten bleiben sie daheim
und schreiben erst mal Prosa

und warten, bis die holde Gunst
der Reime wieder da ist.
Dann flutscht erneut die Reimeskunst!
Ob Real-, ob Dadaist,

ob Klassik-, ob Romantiker,
egal: er dichtet wieder!
Ob mit, ob ohne Metrik, er
schreibt seitenweise nieder,

was ihm in ihrer Narretei
die Muse wieder eingibt,
und hofft dabei, dass sie nicht ei-
ne weit’re Pause einschiebt.

Auch Karolinen wird erneut
die Dichtermuse küssen.
Wir hoffen: bald!, weil wir schon heut’
die Mails von ihr vermissen

mit Versen voller Fantasie
und Reime-Kapriolen …
Und wenn die Muse weiter zickt,
kann sie der Teufel holen!





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Gibt es tatsächlich …?

Scheißlyrik

Gibt es tatsächlich Menschen, die nicht wissen,
dass sich nur Menschen, die sich lieben, necken?
Lebt nicht, wer das nicht weiß, total

Nein, das Gedicht sollten Sie nicht lesen.
Der Untertitel sagt es überdeutlich: Es ist kein feines Gedicht.
Es ist vulgär, politisch inkorrekt, skatologisch und sinnlos.
Tun Sie sich das nicht an!


      »»»»  Ich möcht’s aber lesen!





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Sauber krank

Wiese mähen, Hecke stutzen,
Teppich saugen, Fenster putzen,
Treppe wischen, Küche fegen,
Stube kehren, Dielen pflegen …
Ich will keinen Dreck!
Jeder Dreck muss weg!

Teller waschen, Gläser spülen,
in Besteckschubladen wühlen,
Messerspitz’ im Finger fühlen –
Schnitt verbinden, Wunde kühlen …
Ich bin schwer verletzt!
Und wer pflegt mich jetzt?

Schwarztee trinken, Weißkohl essen,
dreimal täglich Fieber messen,
abends niesen, morgens spucken,
Pillen und Tabletten schlucken,
rund ein halbes Pfund!
Werd’ ich bald gesund?

Fernseh’n seh’n, Zeitschriften lesen,
stundenlang im Sessel dösen,
mittags schlafen, nächtens wachen,
tagelang nicht sauber machen …
Aber dann, nach vier, fünf Tagen,
ist es nicht mehr zu ertragen,
und ich teile mit:
Ich bin wieder fit.







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Schönes Wetter

Manchmal ist der Sommer viel zu heiß.
Manchmal sehnt man sich nach frischem Regen.
Lieber nass vom Regen als vom Schweiß.

Manchmal ist der Himmel viel zu blau.
Manchmal such’ ich schwarze Wolkentürme,
wenn ich in den blauen Himmel schau.

Manchmal ist das Wetter viel zu gut.
Manchmal fehlt der hingegoss’nen Landschaft
das Dramatische, der Sturm, die Flut.

Manchmal fließt das Leben viel zu glatt.
Manchmal fehlt die Spannung, das Erschrecken.
Manchmal habe ich das Glatte satt.

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(265 KB)



Ts-ts …

(Ich wollte schon lange ein Gedicht schreiben, dessen Reime auf „ts-ts“ ausgehen)

Manchen juckt’s, mancher kratzt’s.
Dem gelingt’s, der verpatzt’s.
Mal bleibt’s ganz, mal zerplatzt’s.
Sie verschweigt’s, er verschwatzt’s.
Sie bewahrt’s, er verheizt’s.
Manchen langweilt’s, manchen reizt’s.
Manchmal donnert’s, manchmal blitzt’s.
Sie vergisst’s, er verschwitzt’s.
Sie veschenkt’s, er besitzt’s.
Sie bezahlt’s, er stibitzt’s.
Sie verkauft’s, er versetzt’s.
Dieser trennt’s, der vernetzt’s.
And’re heilt’s, ihn verletzt’s.
Mancher hasst’s, einer schätzt’s.
Diesen freut’s, mich vergrätzt’s.





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Von Sinnen vor Liebe

Du bist für mich sowohl, als auch,
bist erstens, zweitens, drittens,
bist nicht nur, sondern noch dazu:
die Kufe meines Schlittens.

Mit dir bekommt mein Leben Schwung,
weil du zum einen, aber
zum anderen auch, sowie zudem:
der Huf von meinem Traber.

Mit dir geht alles im Galopp,
denn einerseits (doch nicht nur),
und andererseits wie außerdem:
meiner Gefühle Richtschnur.

Mit dir hat jeder Weg sein Ziel,
weil weder, noch darüber
hinaus, und neben überdies:
Ich lieb’ dich täglich lieber.







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Weihnachten

Kerze duftet. Mutter schuftet
in der Küche. Wohlgerüche
greifen Raum. Grüner Baum
liegt im Garten, muss noch warten:
Christbaumständer zeigt noch Ränder
roten Wachses.

Toten Lachses
rosa Masse wird zu klasse
Weihnachtsessen. Unterdessen
wird die dichte grüne Fichte
aufgestellt. – Christbaum hält,
Vater schwitzt. Und schon blitzt
auf den Zweigen, die sich neigen,
Christbaumflitterschmuckgewitter.

Alles freut sich darauf, heut’ sich
mit Geschenken zu bedenken
und – mit leisen Weihnachtsweisen
von CD – der Idee
von weltweiten Friedenszeiten
nachzusinnen. Und tief drinnen
wächst ein Glaube: Friedenstaube
trägt die Welt.

Christbaum fällt.





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Wrong Tree

Limericks

There once was a dog in Swansea
who liked to bark up the wrong tree.
The tree, in the dark,
cut into its bark
the words: “I’m the wrong tree, you see.”


A bloodthirsty bulldog in York
was invited for lunch by a stork.
The stork served fried frog
and said to the dog:
“Isn’t frog so much better than pork?”


There once was a poodle in Poole
who thought that his fur looked so cool.
He applied every day
half a can of hairspray.
Still, the poodle just looked like a fool.


The richest of dogs in all Dover
liked to drive in his gorgeous Landrover.
To the cliff he drove straight.
Then its own gorgeous weight
turned the Landrover over and over.


When a bassett, invited in Reading
to an old-fashioned upper class wedding,
heard the bridegroom in bed
lose his upper class head,
he thought: “Wedding? Or rather: Beheading?”


There’s a dog in a suburb of Leeds
who is famed for his fabulous feats.
He dances, he cooks,
and he even reads books!
(But he moves his lips when he reads.)


There once was a greyhound in Norwich
whose favourite sport was to forage
in town, field and wood
for his favourite food:
A freshly made dish of hot porridge.


A black cocker spaniel in Neath
had remarkably well polished teeth.
His teeth were so white,
so unbearably bright,
that they had to be hid in a sheath.





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Zahlenlyrik

Sie verl8 mich. 7ützt mich 3st.
Sie will nur 6 von mir.
7 8eiligt mich, wo sie nur kann.
Ich spiel für sie Kla4.

Sie be2felt, dass ich spielen kann.
Sie wir13d, wenn sie trinkt.
(Nur W1onst nichts. K1ekt, kein Bier!)
Sie ist bucklig, und sie hinkt.

Ihr Häuschen ist nicht 9icht alt.
Die alte Sch8 11liegt
auf ihrem Besen durch die N8.
Ich bin behext … besiegt.




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